Die Zinsschranke erhält weitere Schranken

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    Der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) sieht neben vielen Steuervereinfachungen und -begünstigungen insbesondere im Bereich der Zinsschranke erhebliche Verschärfungen zur derzeitigen Rechtslage vor. Besonders betroffen und ausweislich der Gesetzesbegründung auch Ziel der Verschärfungen ist die Immobilienbranche.

    Die Zinsschranke (§§ 4h EStG, 8a KStG) sieht bisher vor, dass ein Betrieb Zinsaufwendungen, soweit sie die Zinserträge übersteigen (Nettozinsaufwendungen), maximal nur in Höhe von 30% des für steuerliche Zwecke angepassten EBITDAs abziehen kann. Nach derzeitiger Rechtslage ist die Zinsschranke nicht anwendbar, wenn die Nettozinsaufwendungen eines Betriebs weniger als EUR 3 Mio. betragen. Bei dieser Grenze handelt es sich um eine Freigrenze, d.h. wird sie erreicht oder überschritten, kommt die oben beschriebene 30%-Grenze auf den gesamten Betrag der Nettozinsaufwendungen zur Anwendung.

    Eine gängige Struktur in der Immobilienbranche ist, dass unter einheitlicher Leitung, oft einer Holdinggesellschaft, mehrere Grundstückskapitalgesellschaften jeweils ein oder mehrere Grundstücke halten. Dies hat in erster Linie keine steuerlichen Gründe, sondern vielmehr haftungsrechtliche. Zudem ist die Separierung einzelner Grundstücke in separaten Gesellschaften auch im Hinblick auf einen späteren Verkauf sinnvoll. Unter der derzeitigen Zinsschrankenregelung kann von jeder dieser Grundstücksgesellschaften die oben beschriebene Freigrenze von EUR 3 Mio.in Anspruch genommen werden. Grund hierfür ist, dass Kapitalgesellschaften nach der aktuellen Zinsschrankenregelung stets einen eigenen Betrieb haben und (außerhalb einer ertragsteuerlichen Organschaft) auch nicht mit anderen Kapitalgesellschaften zu einem Betrieb zusammengefasst werden. Dies entspricht der Gesamtsystematik des Körperschaftsteuerrechts, nach dem Kapitalgesellschaften von ihren Gesellschaftern und Schwestergesellschaften getrennte Einheiten bilden und eigenständige Steuersubjekte darstellen (sog. Trennungsprinzip). Genau dies soll nach dem Entwurf des Wachstumschancengesetzes aufgeweicht werden.

    Der Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes sieht nunmehr vor, dass gleichartige Betriebe, die unter einer einheitlichen Leitung oder Beherrschung stehen, für Zwecke der Zinsschranke als ein Betrieb gelten. Dies soll auch für Kapitalgesellschaften mit gleichartigen Betrieben unter gleicher Leitung gelten. Konsequenz wäre, dass die Freigrenze von EUR 3 Mio. auf einen solchen zusammengefassten Betrieb nur einmal zur Anwendung kommt. Die Nutzung der Freigrenze soll entsprechend dem Verhältnis der Nettozinsaufwendungen der einzelnen "Teilbetriebe", also der einzelnen Grundstücksgesellschaften, auf diese aufgeteilt werden.

    Der Begriff der "Gleichartigkeit" wird nicht legaldefiniert. Die Gesetzesbegründung begnügt sich hier mit einem Verweis auf § 4 Abs. 6 Nr. 1 KStG, der den Begriff "gleichartig" ebenfalls verwendet, wodurch zum Ausdruck kommt, dass er recht weit auszulegen ist. Grundstücksgesellschaften, die ausschließlich Immobilien halten und verwalten, wären aber wohl als gleichwertig zu verstehen. 

    Mehreren Grundstückskapitalgesellschaften unter einer Holding wären demnach als ein Betrieb i.S.d. Zinsschranke in Form des Wachstumschancengesetzes zusammenzufassen. Die Freigrenze von EUR 3 Mio. käme auf die gesamte Struktur nur einmal zu Anwendung, was wohl in vielen Fällen den ertragsteuerlichen Zinsabzug erheblich einschränken dürfte. Der entsprechende nichtabzugsfähige Teil der Zinsaufwendungen wird vorgetragen und kann ggf. beim Exit genutzt werden, soweit dieser im Wege des Asset Deal erfolgt und die Höhe des Veräußerungsgewinns ausreicht, um die vorgetragenen Zinsaufwendungen vollständig zu nutzen. Der Zinsvortrag allerdings soll wie bisher bei jeder einzelnen Grundstückskapitalgesellschaft erfolgen. Die Zusammenfassung mehrerer gleichartiger Betriebe zu einem Betrieb soll nämlich nur für die Anwendung der Freigrenze und nicht für die allgemeine Regelung der Zinsschranke gelten. Eine entsprechende flexible Nutzung von Zinsvorträgen innerhalb einer Gruppe wäre daher nicht möglich. 

    Es ist offensichtlich geplant, das Gesetzgebungsverfahren noch dieses Jahr zum Abschluss zu bringen, so dass mit der Anwendung der Neuregelungen im kommenden Jahr zu rechnen ist. Die Neureglung, sollte sie verabschiedet werden, käme auch auf existierende Strukturen zur Anwendung.